Von wegen altmodisch: Klasse Konzert der Lyra

Faszinierender Spaziergang durch die Musikwelten

Applaus, Applaus, Applaus: Die Akkordeonisten wurden beim Herbstkonzert gefeiert.

Von Lutz Riehl

Hofheim. Hofheims Publikum weiß, was gut ist: Bestens besucht war die Stadthalle am Samstag, als der Akkordeon-verein Lyra zum Herbstkonzert eingeladen hatte. Unter dem Motto "Klassik, Pop und Evergreens" erwarten die Zuhörer zweieinhalb abwechslungsreiche Stunden, die von den verschiedenen Ensembles gestaltet wurden.

Den betont klassischen Auftakt bestritt das 1. Orchester unter der Leitung von Dr. Bernhard Wondrak, der auch als Moderator gekonnt durch das Programm führte. Mit Antonin Dvoraks "Slawischem Tanz Nr. 8" gelang dem Orchester ein hörenswerter Einstand, mit dem bewiesen wurde, dass diese von Johannes Brahms angeregte Komposition auch in Akkordeon-Klängen seinen Reiz besitzt. Dass die Lyra ausgezeichnete Solisten hervorgebracht hat, bewies Björn Reetz, als er die in Paris entstandenen Tango-Kompositionen "S.V.P." und "Revirado" von Astor Piazolla spielte. Hören lassen konnte sich aber auch die Nachwuchsspielgruppe unter der Leitung von Birgit Heyne, die mit zwei poppigen Beiträgen glänzte. Die dreisätzige "Pop Collection I" von Jürgen Schmieder bestach durch coole Lässigkeit, während mit "Can you feel the love tonight" aus dem Film "König der Löwen" ein Evergreen perfekt zelebriert wurde.

In der Reihe der Pop-Klassiker fügte sich auch das 2. Orchester der Lyra mit seinem Dirigenten Thorsten Kolar nahtlos ein und unternahm mit "Hotel California" (Eagles) einen Ausflug in die 1970er Jahre. Mit dem Medley "Boney M in Concert" erklang eine Auswahl von berühmten Hits aus der Feder von Frank Farian, bei denen "Daddy Cool", "Belfast" und "Sunny" nicht fehlen durften. Abgerundet wurde der erste Teil mit "La Montanara", bei dem das Akkordeon-Orchester von einer Tuba unterstützt wurde - da kam Alpenstimmung auf.

Dass das Akkordeon sich beim Vortrag der hohen klassischen Musik nicht zu verstecken braucht, zeigte ein kleines Ensemble zu Beginn des zweiten Teils mit der Darbietung von Mozarts "Kleiner Nachtmusik", an der der wichtigste Vertreter der Wiener Klassik ohne Zweifel Freude gehabt hätte. Das gute Gespür der Interpreten für Dynamik, Klangfarbe und Tempo konnte einen fast glauben machen, Mozart habe es für Akkordeon-Ensemble geschrieben, gelegentliche Unsauberkeiten änderten daran nichts. Doch auch die vom 1. Orchester vorgestellte "L'Arlesienne Suite II" (Georges Bizet) begeisterte das Publikum. Der Karat-Hit "Über sieben Brücken musst du gehen" fand bei allen Freunden von Evergreens offene Ohren und weckte sicher manche Erinnerung, bevor es mit "Latin World" von Hans Günter Kölz zwei launige Beiträge aus dem Bereich Bossa Nova und Bossa Beat zu hören gab. Den Abschluss bildete das von David Forster für die Olympischen Spiele 1988 komponierte "Wintergames", das einen kraftvollen Schlusspunkt setzte. Für den großen Beifall bedankte sich das 1. Orchester mit dem Sommerhit "Tequila" von 1858 und dem Michael Jackson Klassiker "Heal the world". Bunter kann ein musikalischer Herbst kaum sein.

Höchster Kreisblatt, 23. November 2010