Von Abba bis zu Billy Joel

Von Juliane Schneider

Lauthals singt er mit, als der beliebte Abba-Song "Mamma Mia" durch die Hofheimer Stadthalle klingt. Musik, die den gehandicapten jungen Mann in der letzten Reihe tief innen berührt. Auch die anderen Zuhörer lassen sich anstecken durch die Spieler des "1. Hofheimer Akkordeonvereins Lyra 1893", die am Wochenende zu ihrem Herbstkonzert geladen hatten und unter dem Motto "Sound of Music" einen bunten Strauß flotter Melodien zu Gehör brachten.

"Manche verbinden ja immer noch Volksmusik mit dem Akkordeon", weiß Vereinsvorsitzende Monika Wondrak, die aufgrund eines gebrochenen Fingers diesmal leider im Publikum Platz nehmen musste. Das sei ganz falsch, denn mit dem Instrument könne man jeden Musikstil interpretieren. "Auch ganz moderne Melodien." Am Samstag reichte die Auswahl über Klassik, Rock, Jazz und Swing bis hin zu bekannten Melodien wie "Uptown Girl" von Billy Joel, das die fünf Nachwuchsspieler unter der Leitung von Birgit Heyne interpretierten. Neben dem ruhigen Stück "Sentimental Reflection" sorgte auch "Disco-Fieber" mit eingängigen Schlagzeugrhythmen und coolem Sound für viel Beifall. Jeden Montag um 19 Uhr proben die jungen Spieler im Kellereigebäude. Wer gut genug ist, kann ins zweite, danach sogar ins erste Orchester aufsteigen, das unter der Regie des musikalischen Leiters, Dr. Bernhard Wondrak, ebenfalls montags probt. "Für jedes Niveau gibt es die Möglichkeit zusammenzuspielen", lobt die Vorsitzende die Flexibilität im Verein. Das sei eine zusätzliche Motivation für die Anfänger.

Eingängige Abba-Melodien spielte das zweite Orchester unter Leitung von Thomas Kolar in einer für Akkordeon arrangierten Version. Sogar heute noch verkaufe das schwedische Quartett 30 000 Tonträger am Tag weltweit, erzählte Dr. Wondrak, der durchs Programm führte und dabei spannende Hintergrundinformationen zu Musikstücken und Komponisten lieferte. So habe Ludwig van Beethoven manchmal extra laute Paukenschläge in seine Stücke eingeführt, die er trotz Taubheit noch zu hören hoffte. Im Arrangement der "Hymn of Joy", das das zweite Orchester zum Besten gab, seien sie gut umgesetzt. Allen bekannt sei "Amazing Grace", ein Kirchenlied, das seit den 30er Jahren die Welt eroberte. Die Solostimme des Akkordeons scheint hier einen Dudelsack nachzuahmen, ein weiterer Beweis für die Vielfältigkeit des Instruments. Solistisches Talent bewies Thomas Kolar bei "Slapstick", als nach der Pause das kleinere "Ensemble" aufspielte. Absoluter Höhepunkt des Abends waren die vier Swingstücke des ersten Orchesters, bei denen Frank Felgenhauer durch sein Gesangstalent überzeugte. Der ehemalige Akkordeonspieler des Vereins hat inzwischen eine Tanz- und Gesangsausbildung absolviert. Die Musiker wurde – unter dem begeisterten Klatschen der Zuhörer – erst von der Bühne entlassen, als sie ein zweites Mal "Bad Bad Leroy Brown" des amerikanischenSongwriters Jim Croce (1943 -1973) erklingen ließen.

Zehn Auftritte absolvieren die Akkordeonspieler durchschnittlich im Jahr. Neben den Konzerten und Proben sorgen Ausflüge und gemütliche Abende für die Festigung der Gemeinschaft. Besonders für die Vereinsjugend gibt es ein umfangreiches Freizeitangebot. In einem kostenlosen Schnupperkurs kann jeder testen, ob er das Instrument erlernen möchte.

Höchster Kreisblatt, 22. November 2011